Stellungnahme von Richard A. Gardner, M.D. zum Artikel von Carol S. Bruch
"Parental Alienation Syndrome and Parental Alienation: Getting it Wrong in Child Custody Cases" ( "Elterliches Entfremdungssyndrom und elterliche Entfremdung: Fehlentscheidungen in Sorgerechtsverfahren" )
erschienen in: Family Law Quarterly 35(3):527-552, 2001

Eine Erwiderung auf den Artikel von Carol S. Bruch, Professorin für rechtswissenschaftliche Forschung, University of California
Parental Alienation Syndrome: Getting it wrong in child custody cases
„Elterliches Entfremdungssyndrom und Elterliche Entfremdung: Fehlentscheidungen in Sorgerechtsverfahren”
(Diese Erwiderung ist ein Auszug eines noch nicht veröffentlichten Artikels mit dem Titel „The Parental Alienation Syndrome in American Law, written by Demosthenes Lorandos, Ph.D., J.D.)
Erschienen in: Family Law Quarterly 35 (3): 527 – 552, 2001

Eine Erwiderung auf den Artikel von Kathleen Coulborn Faller, PhD., Sozialwissenschaftlerin – University of Michigan
"CHILD MALTREATMENT AND ENDANGERMENT IN THE CONTEXT OF DIVORCE"
KINDESMISSHANDLUNG UND KINDESWOHLGEFÄHRDUNG IM KONTEXT VON SCHEIDUNGSVERFAHREN
(Diese Erwiderung ist ein Auszug eines noch nicht veröffentlichten Artikels mit dem Titel „The Parental Alienation Syndrome in American Law, written by Demosthenes Lorandos, Ph.D., J.D.)
Erschienen in: 22 University of Arkansas Little Rock Law Review: 429ff., 2000

Stellungnahme zum Artikel von J.B. Kelly und J.R. Johnston
von Richard A. Gardner M.D.

Originalartikel
: J.B. Kelly und J.R. Johnston (2001), “A REFORMULATION OF PARENTAL ALIENATION SYNDROME”
erschienen in: Family Court Review , 39(3):249-266

WEITERE HINWEISE ZU AKTUELLER KONTROVERSE UM PAS

Ein wissenschaftlich hervorragender Überblick über die Kontroversen im Zusammenhang mit PAS findet sich in Warshak, R. A.: „Eltern-Kind-Entfremdung und Sozialwissen­schaften – Sachlichkeit statt Polemik, Zentralblatt für Jugendrecht (ZfJ), 92 (5) 2005, 186 – 200 (Amerik. Text: „Social Science and Parental Aliena­tion: Examinining the Disputes and the Evidence“, in: Gardner, Sauber & Lorandos, 2006, The Interna­tional Handbook of Parental Alienation Syndrome, S. 352 - 371).

Diese Publikation ist eine Aktual­isierung seines Artikels: "Bringing Sense to Parental Alienation: A Look at the Disputes and the Evidence" in Fam­ily Law Quarterly 2003, 37 (2): 273 - 301. Professor Warshak stellt in dieser Arbeit den gegen­wärti­gen Stand der Forschung zu PAS vor. Er geht ausführlich auf die bekannten Kritikpunkte ein und gibt in der Darstellung des PAS-Konzeptes zahlreiche Anregungen für die weitere wissenschaft­liche For­schung.

Neben dem Konzept „Parental Alienation Syndrome“ (R. A. Gardner) beschäftigt er sich darin auch mit dem von Kelly und Johnston (2001) entwickelten alternativen Konzept „Das entfremdete Kind“. Auch nimmt er in die­ser Arbeit zu speziellen Kontroversen um PAS Stellung, u. a. zu dem äußerst fragwürdigen Arti­kel von C. S. Bruch, „Pa­rental Alienation Syndrome und Parental Alie­nation: Wie man sich in Sorgerechts­fällen irren kann“ (FamRZ 2002, 49 (19): 304 – 315/amerik. Originaltitel: Parental Alienation Syndrome: Getting it Wrong in Child Custody Cases. Family Law Quarterly 35 (3) 2001: 527 – 552), der trotz vernichtender Kritik durch namhafte interna­tionale Fachleute, z. B. in Deutschland immer noch zur Bagatellisierung des Problems der induzierten Eltern-Kind-Entfremdung angeführt wird.
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Im Gegensatz zum PAS-Konzept des Kinderpsychiaters Gardner zieht J. R. Johnston den Begriff „The aliena­ted child“ vor. Sie focusiert weniger auf einen "entfremdenden Elternteil", der das Kind durch spezifische Strategien manipuliert, sondern postuliert eine "Multifaktorielle Genese" bei der Entstehung von Entfrem­dung. Johnston, die mit Hochkonfliktfällen ebenfalls bestens vertraut ist, stellt nicht in Frage, dass es ent­fremdete Scheidungskinder gibt, wie es eine bemerkenswert abgeänderte deutsche Übersetzung ihres Artikels „Children of  Divorce Who Reject a Parent and Refuse Visitation: Recent Research and Social Policy Impli­cations for the Alienated Child“, Family Law Quarterly, 38 (4) 2005: 757 – 775 (Übersetzt als „Entfremdete Scheidungskinder? – Neuere Forschungsergebnisse und Lösungsansätze“, in: ZKJ 6/2007, 218 – 224) sugge­riert. Johnston befürwortet die Durchsetzung des Umgangsrechts (Kap. V), wenn vorher Vorteile, Nachteile und eventuelle Risiken sorgfältig abgewogen und die Gefühle, Ängste und Wünsche der Kinder ernst ge­nommen werden, ohne aber jüngeren Kindern ein einseitiges Vetorecht gegen eine vernünftige Um­gangs­regelung einzuräumen. Bezüglich der Erfordernis für eine angeordnete Therapie der Eltern argumentiert sie, dass entfremdendes Verhalten durch Eltern eine Form bösartiger emotionaler Misshandlung von Kindern ist, die korrigiert werden muss, ob der Elternteil zustimmt oder nicht. Unter spezifischen Bedingungen, die weit­gehend den Kriterien beim PAS-Konzept von Gardner entsprechen (schwere Psycho-pathologie des be­treuen­den Elternteils, Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch, fortgesetzte Verunglimpfung und falsche Missbrauchsvorwürfe gegen den zurückgewiesenen Elternteil, ernsthaftes Entführungsrisiko und wenn das Kind bereits Zeichen von anti-sozialem Fehlverhalten und emotionaler Traumatisierung zeigt) befürwortet sie ebenfalls Sorgerechtswechsel bzw. Fremdplatzierung des Kindes und überwachte Umgangskontakte (s. Kap. VIII des o. g. Artikels).

Die Diskussion zwischen Johnston und Gardner lief in USA bereits 2001 (s. Stellungnahme von R. Gardner M. D. auf www.pas-konferenz.de/d/beitraege.htm zum Artikel von J.B. Kelly und J.R. Johnston (Originalarti­kel : J.B. Kelly und J.R. Johnston (2001), “A REFORMULATION OF PARENTAL ALIENATION SYN­DROME” erschienen in: Family Court Review , 39(3): 249 – 266). Posthum erschien noch die Veröffentlichung von Gardner: „Commentary on Kelly & Johnston’s „The Alie­nated Child. A Reformulation of Parental Alienation Syndrome“, Family Court Review 42 (4) 2004: 611 – 621, auf die wiederum Johnston & Kelly antworteten: „Rejoinder to Gardner’s Commentary on Kelly and Johnston’s The Alienated Child: A Reformulation of Parental Alienation Syndrome“. Family Court Review 42 (4) 2004, 622 – 628.

Eine wissenschaftlich hervorragende Darstellung der Diskussion um PAS, die sich auch mit Johnston’s „alie­nated child“ auseinandersetzt, findet sich in: R. Warshak „Eltern-Kind-Entfremdung und Sozialwissenschaf­ten – Sachlichkeit statt Polemik“ im Zentralblatt für Jugendrecht (ZfJ) 92 (5) 2005: 186 – 200. Die zur Dis­kussion stehende Passage findet sich dort auf der Seite 196: „Beide Formulierungen betrachten irrationale Entfremdung als pathologisch und befürworten die Durchsetzung des Kontaktes zwischen entfremdeten Kin­dern und ihren abgelehnten Elternteilen (obwohl die Autorinnen des Modells „Entfremdetes Kind“ Sorge­rechtswechsel nicht so stark befürworten wie es Gardner tut); beide sind für ihre Befürwortung gerichtlicher Zwangsmaßnahmen kritisiert worden. Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob die Formulierung „Entfremdetes Kind“ eine vergleichbare Fülle von Literatur hervorbringen wird wie PAS.“

In der Fachdiskussion zeigt sich leider immer wieder, dass von Kritikern des PAS-Konzeptes alle möglichen Entfremdungstatbestände, die mit PAS wenig zu tun haben, fälschlicherweise als PAS bezeichnet und ent­sprechend abgelehnt werden. (In Deutschland eindrucksvoll: Fegert, 2001; Dettenborn, 2001; Bruch, 2002; Salzgeber, 2003)